Crowdsourcing gegen sexuelle Belästigung

Sexuelle Belästigung gehört in Ägypten zum traurigen Alltag. Unglaublich aber wahr – Aufklärung darüber gab es dort bisher nicht. Zu Zeiten der Mubarak-Regierung wurde die Schuld sogar meistens bei den Opfern gesucht, die sich nicht ausreichend verschleiert und die Männer dadurch provoziert hätten. Das Internetportal Harassmap.org versucht jetzt mit dem Prinzip des Crowdsourcings den Frauen Gehör zu verschaffen.

Betroffene Frauen können auf Harassmap.org per SMS, Twitter, Email oder Telefon von ihren Erfahrungen berichten und die „Tatorte“ beschreiben. Wer sich einen kurzen Einblick über die bereits verfassten Einträge verschafft, wird schnell feststellen, dass sich die Meldungen vom bloßen „Begaffen“ bis hin zu versuchten Vergewaltigungen erstrecken.

Mittlerweile verzeichnet Harassmap.org schon knapp 500 Einträge. Auf der Startseite des Internetportals fällt einem sofort die Landkarte ins Auge, die die Regionen zeigt, in denen sexuelle Belästigungen am häufigsten auftreten. Harassmap.org-Mitbegründerin Rebecca Chiao besucht die auffälligen Gebiete und versucht zusammen mit ein paar Freiwilligen, die Menschen vor Ort über sexuelle Belästigung aufzuklären. Ihr Ziel ist, den Menschen klar zu machen, dass alle an einem Strang ziehen müssen, um sichere Nachbarschaften zu gewährleisten.

Sexuelle Belästigung – in Ägypten ist sie ein Tabu-Thema und wird nicht einmal im Gesetz als kriminelles Delikt aufgeführt. Auf Harassmap.org finden sich sogar Beschwerden über Polizisten wieder, die Frauen sexuell belästigt haben sollen. 83 Prozent aller einheimischen Frauen wurden mindestens einmal Opfer sexueller Belästigung. Das ergab im Jahre 2008 eine Studie des Ägyptischen Zentrums für Frauenrechte. Betroffene Frauen verschweigen diese Taten aber oft, sei es aus Scham oder Angst. Harassmap möchte dem nun entgegenwirken. Bleibt zu hoffen, dass dieses Modell zukünftig auch in anderen Ländern Frauen vor solchen Übergriffen schützen wird.

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Mandy Meyer-Steffan